Ein interprofessionelles Projekt zur präkonzeptionellen Beratung von psychisch kranken Frauen im gebärfähigen Alter
Instrument für die integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische präkonzeptionelle Beratung von Frauen im Rahmen des Kompetenzzentrums Gynäkopsychiatrie im Kanton St.Gallen
Angaben zum Projekt
Partnerschaft
Die Stiftung Dialog Ethik und das Kompetenzzentrum Gynäkopsychiatrie der Psychiatrie St.Gallen (ehemals: Psychiatrieverbunde Nord und Süd des Kantons St.Gallen) haben zwischen November 2018 und November 2021 ein dreijähriges interprofessionelles Projekt unter dem Titel «Kinderwunsch psychisch kranker Frauen» durchgeführt. Ziel des Projekts war es, insbesondere aus der Innenperspektive von Frauen mit einer psychischen Erkrankung mehr über ihren Kinderwunsch und ihren Umgang damit im Kontext der präkonzeptionellen Beratung zu erfahren. Hierzu wurden auf der Grundlage sozialempirischer Forschung (1) Empfehlungen für Fachpersonen zur präkonzeptionellen Beratung psychisch kranker Frauen, (2) eine Vertiefungslektüre zu den Empfehlungen mit weiterführenden Informationen sowie (3) eine Informationsbroschüre als Entscheidungshilfe für betroffene Frauen erarbeitet. Mit den Empfehlungen und der Broschüre möchte das Projekt erreichen, dass bewusst getroffene und reflektierte Reproduktionsentscheidungen von psychisch kranken Frauen möglich sind und eine gute Betreuung bzw. psychotherapeutische Begleitung sowie medikamentöse Behandlung erreicht werden können. Dies soll eine möglichst gute Lebensqualität für die Frauen selbst, ihre Partner und ihre Kinder zur Folge haben.
Hintergrund
Die Thematik des Kinderwunsches psychisch kranker Frauen wurde innerhalb der Forschung lange Zeit durch Fragen zu einer erfolgreichen Schwangerschaftsverhütung und zu den Risiken für das «Kindeswohl» dominiert. Erst seit den frühen 1990er Jahren besteht ein zunehmend wichtiger Forschungsstrang innerhalb des Fachbereichs der Gynäkopsychiatrie, der sich mit der subjektiven Bedeutung von Mutterschaft aus Sicht betroffener Frauen und ihrer strukturellen Einbettung befasst. Dieser Forschungsstrang erweitert den risikoorientierten Fokus und nimmt auch die ressourcenorientierten Aspekte der Mutterschaft in den Blick. Mit Blick auf diesen Forschungsstrang ist es wichtig, sich näher mit der Innenperspektive von Frauen mit einer psychischen Erkrankung und den Anforderungen hinsichtlich einer adäquaten Behandlung, Betreuung und Beratung dieser Patientengruppe zu befassen.
Methodik
Um die Bedürfnisse von Frauen als Grundlage für die Erstellung des Instruments der integrierten psychiatrisch-psychotherapeutischen präkonzeptionellen Beratung in Erfahrung zu bringen, wurden 20 Frauen mit einer psychischen Erkrankung im gebärfähigen Alter gefragt, wie sie mit einem Kinderwunsch umgehen. Die Mehrheit dieser Frauen sagte, dass sie es sich trotz ihrer Erkrankung zutrauen, eine gute Mutter zu sein. Die Frauen erzählten, dass der Kinderwunsch während schwerer Krankheitsphasen in den Hintergrund rücke und vor allem während Zeiten ohne Krankheitssymptome am stärksten sei. Sie berichten auch, dass sie selten von Fachpersonen auf einen Kinderwunsch angesprochen werden und sich mehr Raum und Unterstützung bei der Beantwortung ihrer Fragen wünschten. Die Sichtweise der behandelnden Fachpersonen wurde mit zusätzlichen Einzelinterviews untersucht. Die Ergebnisse beider Befragungen sind neben dem aktuellen psychiatrischen, historischen, rechtlichen und ethischen Stand des Wissens aus der Fachliteratur in die Entwicklung des Instruments eingeflossen.
Ergebnisse
Die Empfehlungen für Fachpersonen, die Vertiefungslektüre zu den Empfehlungen und die Informationsbroschüre für Patientinnen bilden zusammen das «Instrument für die integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische präkonzeptionelle Beratung von Frauen im gebärfähigen Alter». Dieses Instrument wurde entwickelt – auf der Seite der Stiftung Dialog Ethik – von Ruth Baumann-Hölzle, Daniel Gregorowius und Hildegard Huber sowie – auf der Seite der Psychiatrie St.Gallen (ehemals Psychiatrieverbunde Nord und Süd des Kantons St.Gallen) – von Jacqueline Binswanger, Paola Barbier Colombo und Rahel Altwegg. Externe fachliche Unterstützung kam von Beate Priewasser, Pauline Bihari Vass, Adelheid Lang, Antje Heck und Erich Seifritz sowie einer interprofessionellen und interorganisationalen Begleitgruppe. Die Projektergebnisse wurden am «Ethik-Foren-Treffen 2021» vom 11. November 2021 in Wil (SG) präsentiert.
Finanzierung
Das Projekt wurde zu gleichen Teilen durch die Psychiatrie St.Gallen (ehemals Psychiatrieverbunde Nord und Süd des Kantons St.Gallen) und die Schweizer Bundesagentur «Innosuisse» finanziert. Unterstützt wurde die Fertigstellung der Empfehlungen und der Informationsbroschüre ferner durch Swisslos Kanton St.Gallen.
Reflexions- und Beratungsinstrumente für psychisch kranke Frauen
Die Ergebnisse des Projekts liegen in Form eines internen Schlussberichts, wissenschaftlicher Publikationen sowie als Empfehlungen für Fachleute und Informationsbroschüre für Patientinnen («Instrument für die integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische präkonzeptionelle Beratung von Frauen im gebärfähigen Alter») vor. Die Dokumente können über nachfolgende Links heruntergeladen werden.
Integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische präkonzeptionelle Beratung von Frauen im gebärfähigen Alter
Die Empfehlungen werden unterstützt von folgenden Gesellschaften und Ligen:
SGPP – Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie
www.psychiatrie.ch/sgpp/
SGGG – Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
www.sggg.ch
pädiatrie schweiz – Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendmedizin
www.paediatrieschweiz.ch
SGKJPP – Schweizerische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
www.sgkjpp.ch
Die Broschüre wird unterstützt von folgenden Gesellschaften und Ligen:
SGPP – Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie
www.psychiatrie.ch/sgpp/
SGGG – Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
www.sggg.ch
pädiatrie schweiz – Fachgesellschaft der Kinder- und Jugendmedizin
www.paediatrieschweiz.ch
SGKJPP – Schweizerische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie
www.sgkjpp.ch
Wissenschaftliche Publikationen zum Projekt
Ethikzeitschrift Thema im Fokus
Die Ausgabe Nr. 150 (Dezember 2021) unserer Zeitschrift Thema im Fokus ist dem Thema «Kinderwunsch psychisch erkrankter Frauen» gewidmet.
Medienmitteilung zum Projekt
Die Medienmitteilung vom 24. August 2022 kann man pdf hier (117 KB) als PDF-Datei herunterladen.
Präkonzeptionelle Beratung von psychisch erkrankten Frauen
Informationen zur präkonzeptionellen Beratung auf Grundlage vom «Instrument für die integrierte psychiatrisch-psychotherapeutische präkonzeptionelle Beratung von Frauen im gebärfähigen Alter» finden Sie auf den Seiten des Kompetenzzentrums Gynäkopsychiatrie der Psychiatrie St.Gallen (ehemals Psychiatrieverbunde Nord und Süd des Kantons St.Gallen):