Ausgabe 102 – April 2012
- Für Einzelpersonen: CHF 36.00 (PDF-Version ist nicht zur Weiterverbreitung berechtigt)
- Für Organisationen: CHF 98.00 (PDF-Version ist zur internen Weiterverbreitung berechtigt)
Mit dem vorliegenden TiF wollen wir die Komplexität der sich stellenden Fragen von allen Seiten beleuchten und Sie über die Problematik umfassend informieren. Wir wollen Ihnen insbesondere aufzeigen, welche Auswirkungen die Neuerungen in Bezug auf den moralischen und rechtlichen Status einer urteilsunfähigen Person haben, deren Aussicht auf Genesung aussichtlos ist. In dieser Ausgabe konzentrieren wir uns auf Artikel 10 des «präzisierten» Transplantationsgesetzes. Dieser Artikel äussert sich zu den organerhaltenden medizinischen Massnahmen. Gemäss dem Bundesrat schliesst der Artikel eine Einwilligung durch einen Stellvertreter des Patienten zu organerhaltenden Massnahmen vor dem Tod nicht aus. Der Bundesrat stützt sich dabei auf ein Rechtsgutachten von Olivier Guillod. Dessen «liberale Auslegung», wie er seine Interpretation des Gesetzesartikels nennt, wird allerdings von anderen Juristinnen und Juristen bestritten. Organerhaltende Massnahmen vor dem Tod seien nur mit der expliziten Einwilligung des Betroffenen erlaubt, sagen zum Beispiel Margot Michel, die an der Universität Zürich Medizinrecht lehrt, und Max Baumann, emeritierter Titularprofessor für Privatrecht, Rechtsphilosophie und Rechtstheorie. Kommt der Revisionsentwurf im Parlament so durch, bedeutet dies, dass organerhaltende Massnahmen vor dem Tod des Patienten ohne dessen explizite Zustimmung durchgeführt werden dürfen. Dabei handelt es sich um drittnützige Eingriffe in die von der Bundesverfassung geschützte körperliche Integrität. Weil diese ethische und rechtliche Grenzverschiebung kontrovers beurteilt wird und gesellschaftspolitisch brisant ist, ist diese Ausgabe etwas länger ausgefallen als sonst.
Von dieser «Präzisierung» des Gesetzes betroffen wären insbesondere jene Patienten, die mit einer «Erkrankung mit aussichtsloser Prognose» (SAMW) auf der Intensivstation liegen, und bei denen entschieden worden ist, die lebenserhaltenden Massnahmen einzustellen. Der Therapieabbruch löst einen Herzstillstand aus, was zum Tod führt. Weil nach einem Herzstillstand die Organe nicht mehr durchblutet werden, müssen diese sofort entnommen werden, was in der Praxis kaum möglich ist. Deshalb sind organerhaltende Massnahmen vor dem Tod bei Patienten, bei denen der Herzstillstand im Spital «kontrolliert» ausgelöst werden soll, für die erfolgreiche Organentnahme unabdingbar. Sie bewahren die Organe vor Schäden. Solche organerhaltenden Massnahmen beinhalten unter anderem das operative Einlegen von arteriellen Kanülen vor dem Tod, mittels denen nach dem Tod die Organe durchblutet und gekühlt werden.
Patienten, denen man nach einem Herzstillstand die Organe entnimmt, nennt man Non Heart Beating Donors (NHBD), in den USA benutzt man dafür auch den Begriff «donation after cardiac death» (DCD). Auf die Organentnahme nach einem Herzstillstand und insbesondere die Art der Hirntodfeststellung nach Herzstillstand gingen wir im Thema im Fokus Nr. 98 vertieft ein. In dieser Ausgabe fokussieren wir uns auf die geplanten «Präzisierungen» bezüglich der organerhaltenden Massnahmen, die für die Organentnahme bei den NHBD-Patienten, die auf der Intensivstation liegen, Voraussetzung sind.
Gilt für die Ausgaben Nr. 0 bis 93:
- Für Einzelpersonen: Ein Exemplar des Buches «Gutes Leben – gutes Sterben» von Denise Battaglia und Ruth Baumann-Hölzle (Hrsg.) im Wert von CHF 34.– ist gratis inbegriffen.
- Für Organisationen: Ein Exemplar des Buches «Ethikwissen für Fachpersonen» von Christof Arn und Tatjana Weidmann-Hügle (Hrsg.) im Wert von CHF 38.– ist gratis inbegriffen.