Ausgabe 99 – Oktober 2011
- Für Einzelpersonen: CHF 36.00 (PDF-Version ist nicht zur Weiterverbreitung berechtigt)
- Für Organisationen: CHF 98.00 (PDF-Version ist zur internen Weiterverbreitung berechtigt)
Vor einem Jahr sorgte ein demoliertes Zimmer im Notfallzentrum des Inselspitals Bern schweizweit für Schlagzeilen. Ein Patient geriet ausser sich und warf die Gegenstände im Zimmer nach dem Pflegepersonal. Weil der Mann nicht zu beruhigen war, blieb den Pflegenden nichts anderes übrig als hinaus zu gehen, die Türe hinter sich zu schliessen und die Polizei zu rufen. Das Zimmer musste später renoviert werden. Mindestens einmal pro Monat, sagte der Spitaldirektor Heinz Zimmermann später in der Fernsehsendung «Schweiz Aktuell», komme es auf der Notfallstation des Inselspitals zu Gewaltakten, meistens abends und an den Wochenenden. Eine Pflegerin des Spitals gab zu, dass sie bei der Nachtwache «manchmal ein mulmiges Gefühl» habe. Der Wutanfall im Inselspitals ist kein Einzelfall. Auch andere Spitäler berichten von einer erhöhten Gewaltbereitschaft bei Patienten und Angehörigen. Vor ein paar Wochen wurde eine Mitarbeiterin des Waidspitals in Zürich von einer ehemaligen Patientin mit dem Messer angegriffen. Auch die Betreuung von Betagten ist nicht frei von Aggressionen: «Die Pflegenden sind immer wieder mit aggressiven und ungeduldigen Patienten konfrontiert», sagte Elsbeth Wandeler, Geschäftsführerin des Schweizer Berufsverbands des Pflegepersonals (SBK), unlängst gegenüber dem Tages Anzeiger.
An die Öffentlichkeit gelangen jedoch meist nur die schlimmsten Übergriffe. Oftmals erfahren selbst die Leitungen der Pflegeinstitutionen nichts von physischen oder psychischen Attacken. Gewalt wird immer noch tabuisiert, das Ertragen von aggressivem Verhalten als Teil des Berufsbildes betrachtet.
Aggressives Verhalten entsteht aber selten einfach so. Aggressivität ist oft ein Zeichen von grosser innerer Not, Ausdruck von Hilflosigkeit. Und sie verweist auf Wertekonflikte. Wertekonflikte entstehen meist dann, wenn die Grundbedürfnisse oder das Recht auf Selbstbestimmung eingeschränkt werden, wie zum Beispiel bei Zwangsmassnahmen, beim Durchsetzen von internen Regeln oder von Prozessabläufen. In diesen emotionalen Situationen, in denen unterschiedliche Werte, Einstellungen, Ängste und Zwänge aufeinander treffen, braucht es in Behandlungs- und Betreuungsinstitutionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die darin ausgebildet sind, Konflikte zu erkennen und mit ihnen in angemessener Form umzugehen.
Das Institut für Professionelles Deeskalationsmanagement aus Deutschland (ProDeMa®) hat ein siebenstufiges Gewaltpräventionskonzept für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheits- und Sozialwesen entwickelt. Das Konzept ist nicht auf Selbstverteidigung beschränkt, sondern beruht auf einem systemischen Ansatz. Es durchleuchtet die Aggressionspotenziale in einer Institution, dazu gehören zum Beispiel betriebliche Abläufe oder interne Regeln. Das Ziel des Instituts ProDeMa® ist nicht nur die Vermeidung von Aggressionen, es will auch dazu beizutragen, dass Mitarbeitende in einem sicheren Umfeld arbeiten können und die betreuten Menschen in ihren Angst- und Spannungszuständen angemessen behandelt werden.
Dialog Ethik ist eine Kooperation mit ProDeMa® eingegangen. Denn über aggressive, angespannte oder sogar eskalierende Situationen hinaus stellt sich für die Organisationen des Gesundheits- und Sozialwesens die Frage nach dem Umgang mit den Wertekonflikten, die hinter Aggressionen und Attacken stecken. Das Institut Dialog Ethik kann dabei sowohl auf ein angemessenes Modell, den «7-Schritte-Dialog», als auch auf langjährige praktische Erfahrung im Umgang mit Wertekonflikten aus der Begleitung von Ethik-Foren an verschiedenen Spitälern und Langzeitpflegeeinrichtungen zurückgreifen.
Das Institut Dialog Ethik, mit seiner normativen Basis, und das Institut ProDeMa®, mit seinem vielfältigen Instrumentenkoffer, ergänzen sich daher auf ideale Weise, wenn es darum geht, mit hoch angespannten Situationen besser umzugehen, beziehungsweise die dahinter liegenden Konflikte besser zu verstehen.
Diese Ausgabe von «Thema im Fokus» widmet sich deshalb den Themen Gewalt und Deeskalation.
Gilt für die Ausgaben Nr. 0 bis 93:
- Für Einzelpersonen: Ein Exemplar des Buches «Gutes Leben – gutes Sterben» von Denise Battaglia und Ruth Baumann-Hölzle (Hrsg.) im Wert von CHF 34.– ist gratis inbegriffen.
- Für Organisationen: Ein Exemplar des Buches «Ethikwissen für Fachpersonen» von Christof Arn und Tatjana Weidmann-Hügle (Hrsg.) im Wert von CHF 38.– ist gratis inbegriffen.